Als 35ster Staat (36 wenn man den District of Columbia mitzählt) in den USA wird Florida ab dem 6. Januar die gleichgeschlechtliche Ehe erlauben. Und auch bei unseren Nachbarn in Luxembourg ist seit dieser Woche die Ehe für alle da. Sowohl der Premierminister Xavier Bettel, als auch sein Vize Etienne Schneider sind beide offen schwul und planen ihre Partner zu heiraten.
Foto: Philippe Leroyer CC BY-NC-ND 2.0
Durch alle Medien ging die Meldung, dass Standesbeamte in mehreren Districts Floridas beschlossen haben zwar Heiratsurkunden auszustellen, aber alle Ehezeremonien einstellen werden, auch die für heterosexuelle Paare. Trotzig verweigern sie lieber die Dienstleistung für alle, bevor sie auch gleichgeschlechtliche Paare akzeptieren. Und prompt waren die Kommentare in den deutschen Medien mit Hohn und Spott gefüllt, wurde mit dem Zeigefinger gezeigt auf die ach so lächerlichen Verhältnisse dort. Nur dass uns Florida, wie inzwischen die meisten Staaten in den USA, weit voraus ist, was die Rechte für gleichgeschlechtliche Paare angeht.
Während dort verheiratete Paare tatsächlich die exakt gleichen staatlichen Rechte genießen, egal ob hetero- oder homosexuell, sitzen wir hier in Deutschland immer noch mit unserer „Eingetragenen Lebenspartnerschaft“ und einem Zwei-Klassen-System. Seit das Lebenspartnerschaftsgesetz hier 2001 in Kraft trat, musste jedes Schrittchen in Richtung gleicher Rechte mühsam vor dem Bundesverfassungsgericht erkämpft werden. Und tatsächlich hat es „nur“ 13 Jahre gedauert, bis die Homo-Ehe in den meisten rechtlichen Belangen gleichgestellt wurde. Und es waren „nur“ fast ein Dutzend Urteile des Bundesverfassungsgerichtes nötig dafür.
Trotzdem bestehen immer noch Ungleichheiten. Anfang November veröffentlichten die Grünen einen Gesetzesentwurf, der alle noch verbliebenen Benachteiligungen auflistet. Sie fanden 150 Regelungen in 54 Gesetzen, die bei den Rechtsfolgen noch zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft unterscheiden. Der wichtigste Punkt ist hier natürlich das Adoptionsrecht. Das wurde im letzten Wahlkampf ja kommentiert von Bundeskanzlerin Merkel mit den berüchtigten Worten: „Ich sage Ihnen ganz ehrlich, dass ich mich schwertue mit der kompletten Gleichstellung (…) Ich bin unsicher, was das Kindeswohl anbelangt.“ Sie wolle das sagen dürfen, ohne damit Menschen diskriminieren zu wollen.
Aber auch im Strafrecht, bei der Renten- und Unfallversicherung und einer ganzen Reihe weiterer, teils obskurer, Gesetze wird noch unterschieden. Fast zum Lachen ist da, dass es auch ein paar Gesetze gäbe, „die aus unerklärlichen Gründen eingetragene Lebenspartnerschaften gegenüber Ehen privilegieren“.
Und auch an anderen Stellen tauchen bizarre Regelungen auf, bei denen man nur lachen kann. Vor einigen Tagen etwa berichtete die Privatinitiative ENOUGH is ENOUGH! OPEN YOUR MOUTH! über den Einkommenssteuerbescheid eines Paares aus Pinneberg:
Quelle: ENOUGH is ENOUGH – OPEN YOUR MOUTH
Nach 18 Monaten, in denen das neue Steuergesetz gültig ist, ist es dem Bundesfinanzministerium immer noch nicht gelungen, ihre Software anzupassen. Man könnte fast meinen, das sei eine Szene aus einem Sketch.
Wer also glaubt, dass die USA oder Florida rückständig sind, sollte sich erstmal bei uns vor der Haustür umsehen. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wird stillschweigend ignoriert von der Regierung, obwohl die SPD noch Wahlkampf gemacht hatte damit, endlich alle Ungleichheiten zu beseitigen.
Vielleicht reicht auch ein Blick auf die Weltkarte, um sich mal bewusst zu machen, wie weit wir zurückhinken im Vergleich mit anderen Industrienationen.
World marriage-equality laws
User:Kwamikagami [GFDL or CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
World laws pertaining to homosexual relationships and expression
By Various (Initial version by Silje) [GFDL, CC-BY-SA-3.0 or CC BY-SA 2.5], via Wikimedia Commons
Quellen
150 Benachteiligungen von Lebenspartnern gegenüber Eheleuten.
Große Koalition vertagt die Gleichstellung.
Bundesregierung denkt noch über Homo-Rechte nach.
Luxemburgs erste gleichgeschlechtliche Ehe.
Wikipedia: Same-sex marriage.
